Erstens sind VEIN ja klassisch ausgebildete Musiker. Und lieben als solche auch die Oper als Genre.
Zweitens ist Gershwins gesamte Musik nicht nur nah am Jazz, sondern hat ihn von Anfang an durchdrungen und (mit ‚I got Rhythm' ) für immer geprägt.
Und drittens ist die Jazz-Geschichte auch eine lange Geschichte der Jazz-Interpretationen von Porgy & Bess (mit dem illustresten, schillerndsten Beispiel von Gil Evans und Miles Davis). Eine Hypothek, eine zu grosse, für jeden, der eine neue hinzufügen will? Wer die Musiker von VEIN kennt, weiss: nein. Denn wenn VEIN ans Werk geht, gibt es kein simples Nachspielen fremder Musik (welcher auch immer), sondern stets die Herausforderung und das Selbstverständnis, daraus etwas ebenso Eigenständiges wie Eigenwilliges zu schaffen.
Und so ist mit Porgy & Bess einmal mehr ein hinreissendes VEIN-Album entstanden, sprühend vor Einfällen, voller überraschender Tempo-, Rhythmik- und Dynamikwechsel und gespickt mit berückend lyrischen Passagen und witzig-skurrilen Impromptus.
Denn gerade, weil sie diese Musik so lieben und so ernst nehmen, nehmen sich alle drei immer wieder die Freiheit, auf ihre eigene, individuelle Weise auch mit der Musik zu spielen: Von der explosiv irisierenden Ouverture über kauzig-verspielte, klangmalerisch verfremdete Solo-Partien und wunderbar stimmige Interpretationen von ‚I loves you Porgy' oder ‚Strawberry woman' bis hin zu ungewöhnlich temporeichen Versionen von ‚It ain't necessarily so' oder ‚There is a boat leavin' soon for New York'.
Wie überhaupt zu sagen ist: dies ist ein VEIN-Album geworden, das sich zwischendurch ganz unbekümmert ternär daherzukommen erlaubt, fantastisch swingend, und seine Protagonisten als veritable Jazz-Virtuosen ausweist.
Virtuosen im besten Sinn. Weil jeder der drei sich stets im richtigen Moment zurückzunehmen weiss. Und so dem grossen dramaturgischen Bogen und dem subtil ausbalancierten musikalischen Gefüge seinen festen Halt gibt.