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Nach dem Vordiplom 1964 brach Kriegel das Studium ab, das er später als „Seminar-Langeweile, dazwischen Splitter von Interesse & Erkenntnis“ beschrieb. Maßgeblich durch seine Kontakte aus dem Jazzkeller beeinflusst, entschied er sich gegen eine Arbeit als Zeichenlehrer und für den Weg zum Profi-Musiker und spielte in den folgenden Jahren in einer Vielzahl verschiedener Ensembles. 1965 spielte Kriegel im Quartett von Klaus Doldinger. 1967 war Kriegel Mitglied der am Mainstream Jazz orientierten Swinging Oil Drops von Emil Mangelsdorff und der Sound Constellation von Gustl Mayer und wirkte im gleichen Jahr an Doldingers Album Doldinger Goes On mit. Von 1968 bis 1973 war er Mitglied des Dave Pike Set, dessen wachsender Erfolg Ende der 1960er Jahre Kriegels Übergang zum Berufsmusiker markiert. Bereits mit dem Dave Pike Set wandte er sich von einem als E-Musik verstandenen Jazz ab und orientierte sich stilistisch an populären Klängen und Rhythmen aus Bossa Nova und Beat. Kriegel formulierte zu Zeiten des Dave Pike Set: „Mit rückwärts gerichteter Jazz-Romantik und weinerlicher Attitüde ist keinem geholfen. Denn das Gerede der Ideologen, Jazz sei automatisch mehr wert als Unterhaltung, hat uns bloß alle in die Ecke gedrängt.“Bereits 1968 trat er mit eigener Band als Volker Kriegel Quartett (Claudio Szenkar (vib), Eberhard Leibling (b), Peter Baumeister (dr)) sowie als Tony Scott & Volker Kriegel Trio auf dem 11. Deutschen Jazzfestival in Frankfurt auf, wodurch seine Bekanntheit weiter wuchs und er schnell als „Deutschlands Jazz-Gitarrist Nummer eins“ galt.
1972 veröffentlichte er das wegweisende Doppel-Album Inside: Missing Link und wurde damit zu einem Protagonisten des deutschen Jazzrock.[13] Bereits im ersten Jahr wurden 7000 Exemplare verkauft, was für eine deutsche Jazz-Produktion – zumal beim kleinen Label MPS – ein gutes Ergebnis war. Im Laufe der Jahre wurden es etwa 20.000. 1973 gründete er nach seinem Ausscheiden aus dem Dave Pike Set mit Eberhard Weber (b), Rainer Brüninghaus (keyb) und Joe Nay (dr) die Band Spectrum, mit der er 1974 bei dem deutschen Plattenlabel MPS das Album Mild Maniac veröffentlichte.
Kriegel war während der frühen 1970er-Jahre auch als Musiker an Kabarettproduktionen beteiligt und wirkte als Sideman bei Aufnahmen anderer Musiker mit, unter anderem beim Blues- und Jazzrock-Violinisten Don „Sugarcane“ Harris. Von 1973 bis 1974 spielte Kriegel erneut mit Klaus Doldinger, der mittlerweile mit seiner Band Passport ebenfalls Jazzrock machte. Dort wirkte er 1974 bei dem Live-Album Doldinger Jubilee Concert mit und trat im selben Jahr mit der Band als Jubilee Passport auf dem Deutschen Jazzfestival auf. Bei Passport spielte er mit dem Schlagzeuger Curt Cress, bei dessen Album Curt Cress Clan – CCC er 1975 ebenfalls mitwirkte.
Nach dem Auseinandergehen von Spectrum aufgrund von Differenzen mit Weber war Kriegel 1975 Gründer des Mild Maniac Orchestra (mit Evert Fraterman (dr), Thomas Bettermann (keyb), Hans Peter Ströer (b)), mit dem er bis in die 1980er Jahre aktiv war. Anders als in vorherigen Ensembles arbeitete er in dieser Formation nicht mit reinen Jazz-Musikern zusammen: Fratermann kam aus der Soul-Musik, Bettermann war klassisch ausgebildeter Pianist.
Seit 1977 spielte er auch im United Jazz und Rock Ensemble (UJRE), zu dessen Gründungsmitgliedern er zählte und für das er auch komponierte. Mit dieser Formation trat er immer wieder, wenn auch zuletzt in größeren Abständen, über fast 25 Jahre lang auf. Über das UJRE sagte Kriegel später: „Im Nachhinein wusste natürlich jeder, da kann doch gar nichts schief gehen, wenn sich zehn Musiker, die zu den Stars auf ihren Instrumenten zählen, zusammentun.“ Ebenfalls 1977 gründete Kriegel mit weiteren Musikern das Label Mood Records, auf dem vor allem die Produktionen des UJRE, dessen einzelnen Mitgliedern und anderer Frankfurter Jazz-Musiker veröffentlicht wurden.
Mitte der 1990er Jahre erhielt Kriegel die Möglichkeit, beim Schweizer Haffmans Verlag Zeichnungen zu veröffentlichen. Dies und gesundheitliche Probleme mit seiner Hand brachten ihn dazu, zuerst eigene Bandaktivitäten und kurze Zeit später auch seine Mitwirkung im UJRE zu beenden. Erst kurz vor seinem Tod kehrte er auf Bitten der anderen Musiker für die Abschiedstournee zum UJRE zurück, nachdem er zwischenzeitlich durch Peter O’Mara ersetzt worden war.
Kriegel war mit seiner Leadgitarre stilmäßig nicht auf die elektrisch verstärkte Jazzgitarre festgelegt, sondern verwendete gelegentlich auch die akustische Gitarre, ausnahmsweise ein Banjo oder die Sitar. Nur schwer zu beschreiben ist sein eigenwilliger Spielstil, besonders in bestimmten sehr schnellen, springenden Tonfolgen, der ihn von allen anderen Gitarristen unterscheidet.
Die Gibson ES-335, das von Kriegel meistens verwendete Instrument
Mit dem Stück Mathar, das Kriegel geschrieben und mit dem Dave Pike Set 1969 auf dem Album Noisy Silence – Gentle Noise veröffentlicht hatte, hatte er letztlich sogar einen über die Grenzen der Jazzfans hinaus bekannten Hit. Das Stück mit seiner eingängigen Sitar-Melodie und dem prägnanten Bass-Riff wurde auf verschiedenen Jazz-Samplern veröffentlicht und wird nach wie vor im Fernsehen als Hintergrundmelodie eingesetzt oder auch in dem deutschen Kinofilm 23 – Nichts ist so wie es scheint. Für Kriegel war diese Entwicklung überraschend: Er hatte das verhältnismäßig simple Stück als ironischen Seitenhieb auf die pathetische Darstellung komponiert, George Harrison sei Ende der 1960er-Jahre in die indische Stadt Mathar gepilgert und habe in langer und meditativer Arbeit das Sitar-Spiel erlernt. Kriegel sagte 2001 über die Sitar: „Das klingt schon gut, wenn man nur die leeren Saiten anschlägt.“