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Tatum wurde in Toledo geboren, dort verbrachte er seine Jugend und begann das Klavierspiel. Von Geburt an litt er an grauem Star und war auf einem Auge blind, während die Sehkraft auf dem anderen stark eingeschränkt war. Tatum verfügte allerdings über das absolute Gehör und soll zudem ein außergewöhnliches akustisches Erinnerungsvermögen gehabt haben. Aus einer musikalischen Familie stammend, bekam er eine formale klassische Musikausbildung an verschiedenen Schulen, zuerst der Jefferson School of the Handicapped in Toledo, dann an der Blindenschule in Columbus (Ohio) und der Toledo School of Music, wo er neben Klavier auch Violine, Gitarre und möglicherweise Braille-Blindennoten lernte. Sein privater Lehrer Overton C. Rainey versuchte zwar ihn in Richtung Konzertpianisten zu drängen, Tatums bevorzugter Pianist und (nach eigenen Worten) sein Vorbild war aber bald Fats Waller. Weitere Einflüsse kamen von James P. Johnson und Earl Hines. Seine Fingerfertigkeit trainierte er dabei ständig, indem er eine Haselnuss schnell durch seine Finger gleiten ließ, bis sie glänzend und glatt wurde.
Als junger Mann spielte er viel in Clubs in Toledo, Detroit und Cleveland und ab 1927 für eine lokale Radiostation (WSPD in Toledo), zuerst in Werbepausen, dann regelmäßig 15 Minuten täglich für etwa zwei Jahre. 1932 hörte ihn die Sängerin Adelaide Hall, die ihm daraufhin anbot, sie auf Tourneen zu begleiten und bei der er zwei Jahre blieb. Mit Adelaide Hall kam er noch im gleichen Jahr nach New York. Gleich nach seiner Ankunft forderten ihn Willie „The Lion“ Smith, Fats Waller und James P. Johnson zu einem „Cutting Contest“, den er souverän gewann - wie auch zahlreiche weitere solche Wettstreite gegen Herausforderer. Im Allgemeinen trat er dabei als letzter an, wobei er gerne auch das Material seiner Vorgänger in Variationen zitierte. Seine ersten Aufnahmen machte er im August 1932 mit Adelaide Hall, seine erste Solo-Platte nahm er im März 1933 auf (Tiger Rag, Tea For Two, Sophisticated Lady, St. Louis Blues). Nach seiner Zeit mit Adelaide Hall hatte er zunächst ein Engagement im Onyx Club, ging Anfang 1935 nach Cleveland und spielte dann längere Zeit 1935 im Three Deuces Club in Chicago, wo er auch Earl Hines kennenlernte. 1936 ging er nach Los Angeles, wo er in bekannten Clubs und auf Partys bekannter Show-Persönlichkeiten spielte sowie in der Radio-Show von Bing Crosby. Nach einem Jahr in Kalifornien kehrte er 1937 nach New York zurück, wo er im Famous Door Club spielte. Danach wechselte er eine Weile regelmäßig zwischen Los Angeles, New York und Chicago. Im Mai 1937 gelang es ihm erstmals, einen Hit in den Billboard-Charts zu landen; seine in Sextett-Besetzung eingespielte Version von „Body and Soul“ erreichte Rang 19. 1938 unternahm er eine erfolgreiche England-Tournee, sein einziger Auslandsauftritt. Die Engländer lauschten seinem Spiel im Gegensatz zu seinem amerikanischen Publikum leise wie in einem Konzertsaal, was Tatum angenehm beeindruckte. In New York zog er deshalb von da an eine ähnlich intime Atmosphäre in Clubs wie Kellys Stables und Café Society vor. Im August 1939 erreichte seine Solo-Piano-Version von „Tea for Two“ # 18 der Hitparaden.
Während dieser Jahre wurde Tatum einer der wichtigen Protagonisten des Jazz. Er pflegte nach seinen regulären Auftritten oft noch stundenlang in Clubs zu spielen - wobei sein starker Alkoholkonsum sein Spiel wenig beeinträchtigt haben soll - und beeindruckte bei zahlreichen Wettbewerben zwischen Jazzpianisten, die sich dabei oft ergaben, nicht nur durch seine überragende Musikalität, sondern auch durch seine stupende Fingerfertigkeit und Geläufigkeit. Kein anderer Jazzpianist konnte derart schnell spielen wie Art Tatum. Er soll aber seinen Kontrahenten stets gestattet haben, vor ihm zu spielen, denn keiner hätte nach ihm spielend an das klaviertechnische Niveau Tatums anschließen können. Tatum war gegenüber Nachwuchs-Pianisten durchaus mit Ratschlägen generös, wie sich z. B. Mary Lou Williams und Billy Taylor erinnerten.
1943 gründete er mit dem Bassisten Slam Stewart und dem Schlagzeuger, Pianisten und Gitarristen Tiny Grimes (später durch Everett Barksdale ersetzt) ein Trio, mit dem er relativ erfolgreich war. Das Trio (mit fluktuierender Beteiligung von Stewart) blieb etwa zwei Jahre zusammen und war eines der Vorbilder späterer Piano-Trios wie denen von Oscar Peterson und Lennie Tristano. Der großen Öffentlichkeit gegenüber blieb Tatum aber eher unbekannt. Das mag an seiner Abneigung gegen größere Konzerte gelegen haben. Während der Jahre 1945 bis 1952 nahm er auch relativ wenig auf. Das änderte sich erst, als er ab 1953 von Norman Granz produziert wurde, der allein 1953 etwa 70 Solo-Aufnahmen und in den nachfolgenden Jahren weitere 121 aufnahm. Tatum war dabei nicht mehr wie bei den alten 78er Platten zeitlich eingeschränkt. Seine Stücke hatte er dabei schon so zu einer „Idealform“ ausgefeilt, dass z. B. in der ersten Aufnahmesession von 69 Stücken nur drei einen zweiten Take benötigten.[4] Neben Soloaufnahmen entstanden unter Granz auch Aufnahmen in kleineren Besetzungen mit Musikern wie Benny Carter, Roy Eldridge, Lionel Hampton, Ben Webster, Buddy DeFranco, Buddy Rich, Louie Bellson. In den Kritiker-Polls (Umfragen) der Jazzmagazine wurde er ab Mitte der 1940er Jahre an vorderster Stelle geführt. 1944 erhielt er den Esquire Gold Award und ein Jahr später den Silver Award des Esquire Magazine. 1945 gewann er die Metronome Polls und 1954 bis 1956 wurde er dreimal Sieger in den Down Beat Kritiker-Polls.
Art Tatum starb am 5. November 1956 in Los Angeles, auf dem Höhepunkt seines Schaffens (eine zweite Europatournee war von Granz geplant), an den Folgen einer Niereninsuffizienz (Urämie). [Wikipedia]