Wer befürchtete, Oli Kuster habe dem Jazz endgültig den Rücken gekehrt, wird nun zum Glück eines Besseren belehrt. Und wie! Mit seiner Kombo ist dem Berner Eigenbrötler ein unprätentiöses, aus lauter Eigenkompositionen bestehendes Kleinod geglückt, dessen Mischung aus kammermusikalischer Raffinesse und hinterlistigen Manövern die Gehörgänge aufs Angenehmste kitzelt. Fast fünf Jahre lang stellte Kuster seine Klangtüftler-Kreativität in den Dienst der Rockgruppe Züri West; jetzt ist er ans Klavier zurückgekehrt und mit seiner akustischen Kombo in «Oerlikon» gelandet. Die Besetzung der Band sorgt sowohl für Intimität (Kuster ist wahrlich kein Höher-Schneller-Lauter-Typ) als auch für Drive (Kuster hat eine Vorliebe für ungerade Metren, die zugleich swingen und stolpern). Jürg Bucher, mit dessen Quartett Kuster vor seinem Jazz-Sabbatical eine wunderbare Hommage an Herbie Nichols aufgenommen hat, beweist, dass er nicht nur als Tenorsaxofonist, sondern auch als Klarinettist über eine ausgeprägte lyrische Ader verfügt. Der Bassist Lorenz Beyeler und der Schlagzeuger Dominic Egli wissen genau, wann vornehme Zurückhaltung angebracht ist und wann es gilt, die Handbremse zu lösen. Der «primus inter pares» Kuster glänzt nicht zuletzt durch den Verzicht auf effekthascherische Klischees: Hier ist ein origineller Pianist am Werk, der seine Kapriolen auf ungemein subtile Weise schlägt. Auf einem Track («Mirror, Mirror») stösst die Sängerin Nadja Stoller zu Kusters Kombo.