Das 2005 vom Sänger und Komponist Andreas Schaerer gegründete Sextett “Hildegard lernt fliegen” hisst wieder die Segel und bringt nach dem CD-Erstling (2007) sein zweites Album „vom fernen Kern der Sache“ raus. Wiederum sind die Kompositionen und Arrangements aus Andreas Schaerers Feder, das Line-up verspricht unkonventionell zu bleiben: Andreas Schaerer: Stimme und Maultrommel, Andreas Tschopp: Posaune und Sousaphon, Matthias Wenger: Sopran- & Altsaxophon, Patrick Schnyder: Tenor- & Baritonsaxophon sowie Kontrabassklarinette, Marco Müller: Bass, Christoph Steiner: Schlagzeug, Glockenspiel, und Schreibmaschine.
Die frische Brise, die das Sextett damals getrieben und europaweit für hohe Wellen der Begeisterung gesorgt hat (Tages Anzeiger: „Eine theatralisch-musikalische Glanzleistung“, Berner Bund: „“Hildegard lernt fliegen” schafft das Kunststück, den in Jazzkreisen traditionellerweise mit Skepsis goutierten Humor in packende Musik zu kleiden.“) hält nach wie vor an und man darf sich auf ein Album freuen, das an Reife und musikalischer Finesse zugelegt hat.
Neben intensiven Tourneen durch Schweiz, Deutschland, Österreich und Slowenien gewann die Band im Mai 2008 den 1. Preis des ZKB Jazzpreises und wurde für die Festivalreihe Suisse Jazz Diagonales 2009 ausgewählt.
Schiff ahoi die Zweite, die Reise führt uns vorbei an Slapstick für die Ohren auf höchstem Niveau, Klezmer-, Zirkuselemente und musikalischer Witz – brillant in Szene gesetzt. Polkarhythmen stampfen zwischen bärigen Posauneneinschüben, satte Bläsersections in Kollektivimprovisationen werden von verspielten, leisen Soli unterbrochen, die alsbald wieder von derber, schmetternder Jazzpunk-Akrobatik abgelöst werden.
Andreas Schaerer verblüfft einmal mehr mit seinen vokalen Instrumentalimitationen in perfekter Intonation. Sein Scat ist fast legendär: Er brabbelt, würgt, hechelt, flüstert – Wortfetzen, die mal was bedeuten, mal nicht und Geräuschexperimente, ohne je den subtilen Bezug zur Musik, zum Klang zu verlieren.
Auf der Reise tauchen Stimmungsbilder auf. Zum Beispiel eine nachdenkliche Basslinie, ein Glockenspiel, es werden plötzlich auch intimere Klänge angestimmt und neblige Landschaften betreten.
Dann wieder werden Schubladisierungsversuche zurechtgepoltert, überscattet, niederimprovisiert, mit vertrackten Rhythmen und dadaistischen Einlagen verjagt. Das Universum der “Hildegard lernt fliegen” kreiert sich neu, in seiner Vielfältigkeit und seinem Surrealismus wirkt es einheitlich und stimmig. Faszination, die weiter geht als das Ohr hören kann.
Ein Augenschmaus sind die frechen Illustrationen des gebundenen kleinen Buches, in welches die CD integriert ist. Diese stammen wiederum vom Zürcher Comiczeichner Peter Baeder. Jedes Stück hat im CD-Büchlein ein eigenes Bild – inspiriert von Musik und Texten. “Hildegard lernt fliegen” sind ausserdem auf der CD zu sehen auf einem Musikvideo der Regisseurin Maria Sigrist zum Stück „Seldom was covered with snow and an old oak“.