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67351 / Daten zuletzt bearbeitet von: SJO allgemein
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CD:  Thibault Falk Quartet — Sur Le Fil
Infobild
Label: Unit Records
Label-Nummer: UTR 4273
Aufnahmedatum: 2010
Land: DE
Aufnahmeort: Berlin
Helvetica: Hat Bezug zur Schweiz
Tonträger: CD
Archiv-Objekte
CD-07488-LU
Musiker:
NameLandInstr.
Thibault FalkFRp,
Marcin Lonak d,
Josh Yellon ss, ts,
Andreas LangDKb,
Tracks:
Nr.Titel
1-1Sur le fil
1-2Les From-ages
1-3Moi aussi
1-4Crooked River
1-5Cri de Notes
1-6Shawnee
1-7Ufo an der Spree
1-8Jài rien vu de tout cela
1-9Comme Avant
1-10Patience
1-11L`homme qui valait 3 Milliards
1-12Mon petit Napoleon
 
Geschichten brauchen kein Konzept. Eine Geschichte ist selbst Konzept genug. Geschichten verlangen nach Form, Fluss und Fantasie. Thibault Falk ist ein leidenschaftlicher Geschichtenerzähler. Deshalb mag es kaum verwundern, wenn er eben nicht nach Konzepten sucht. Die Songs auf „Sur Le Fil“ fliessen ihm und seinen Gespielen aus der Hand. Sie scheinen aus sich selbst heraus zu leben, harren nicht der Analyse oder Hinterfragung. Ihre innere Triebkraft ist jene poetische Stringenz, die keines Überbaus bedarf.
Thibault Falk erzählt uns die alte Geschichte von Aufbruch und Wiederkehr. Es ist das unsterbliche Thema des Künstlers, den es in die Ferne zieht, bis er endlich in der Heimat findet, wonach er so lange draussen gesucht hat. Vielleicht scheint dieses Sujet auf den ersten Blick nicht mehr ins virtuelle Zeitalter zu passen, in dem sich unsere Umwelt schneller verändert, als wir uns von einem zum anderen Ort bewegen können. Irrtum, denn Sehnsüchte und Urinstinkte lassen sich nicht vom Wandel der Zeiten manipulieren. Thibault Falks Geheimnis ist Kontinuität. Und doch bricht er mit Erwartungen. Er lässt sich nicht vom Klischee der Ferne verführen, bringt uns keine exotischen Sounds aus der Fremde mit, die von abenteuerlichen Begegnungen künden würden. Der Pianist ist ein Romantiker, aber kein Schwärmer. Falk ist in der weiten Welt kein anderer geworden, sondern er lernte schätzen, lieben und verteidigen, was er zuhause hat. Zurück in Berlin breitet er sich in jenen Klängen aus, die er hier zurückliess. Die Wärme, Intimität und vertraute Nähe, die er mit seinen Bandkollegen einst genossen hatte, riss eine Lücke, die er auf Reisen nicht schliessen konnte.
So knüpft er mit seiner neuen CD unmittelbar dort an, wo er mit der letzten aufgehört hat. Vorwärts zu den Wurzeln. Thibault Falk muss sich nicht auf jedem Album neu erfinden, um auszudrücken, was ihn ausmacht: Beständigkeit in der Bewegung, Verlässlichkeit in der Flüchtigkeit, Ruhe in der Hektik. Seine Erzählungen wirken vertraut. Wir kennen diesen Ton aus der Jazzgeschichte. Falk hat kein Problem damit, sich zum Jazz in seiner reinsten Form zu bekennen. Der heitere Hauch von Sepia – nicht nur im Ton. Sondern auch im Miteinander seines Quartetts – baut eine direkte Brücke zwischen Erinnerung und Gegenwart.
Nicht zuletzt ist „Sur Le Fil“ eine Berliner Platte, denn sie erzählt eine Geschichte, wie sie für die Spree-Metropole typisch ist. Vier Musiker, die sich hier treffen, ihre Wurzeln jedoch in Frankreich, Polen, Dänemark und den USA haben. Jeder bringt nicht nur seine eigenen Geschichten mit, sondern auch seinen Slang, seine Marotten und Vorlieben. Und doch wird aus alledem Berlin. Unbeeindruckt von den ständig wechselnden avantgardistischen Jargons, die um 2010 in Berlin vorherrschen, spielen sie ganz frei und gelöst. Ihre Freiheit ist keine strukturelle, sondern eine idiomatische. Denn eine Geschichte braucht kein Konzept. Sie verlangt nur nach Form, Fluss und Fantasie.