In kongenialer Weise führen Morgenthaler und Röllin ihre Instrumente an die musikalischen und physischen Grenzen. Obschon Posaune und Gitarre zwei Tenorinstrumente sind, vermisst man weder Bass- noch Sopranstimmen. Das hoch sensibilisierte Zusammenspiel der beiden Musiker lässt Melodie und Sound in selten gehörter Intensität und Souveränität miteinander kommunizieren. Manchmal werden die Klänge der Instrumente durch elektronische Effekte dermassen aufgelöst, dass der Ursprung nur schwer auszumachen ist und sie eigentlich ineinander verschmelzen. Unüberhörbar ist die Spielkultur, welche die beiden versierten Musiker seit über zehn Jahren im Quartett "unart 4.0" auf hohem Niveau entwickelten. Kompositionen werden als Ausgangsvehikel oder auch mal als Schlusspunkt angepeilt. Mal taucht ein formal traditionell gedachtes Lied auf oder es wird ganz improvisiert. Es fasziniert die Leichtigkeit, mit welcher die beiden den Prozess des "im Moment komponieren" heranführen und ihn hörbar machen. Das Überraschungsmoment ist hoch. Eine fordernde und herzliche Musik, die mit viel Charme die Seele berührt, groovig unter die Haut geht, mit Witz, Eleganz und Leidenschaft Hörerinnen und Hörer in den Bann zieht.
Freak Wave/Short Cuts, der Titel der ersten CD, beschreibt denn auch treffend, was die Musik bewegt. Aus dem scheinbar harmonischen Miteinander entstehen überraschende, nicht vorausahnende Höhenflüge. Die Musikschnipsel fügen sich zu Kurzgeschichten zusammen, Bilder entstehen und führen durch aufregende Klanglandschaften, ohne dabei den Zusammenhang zu verlieren. Mut ist gefragt, das Risiko zahlt sich für alle aus. Das Resultat: Eine mitreissend zeitgenössische Musik, die auf offene Ohren und Herzen zielt. Die gelungene graphische Gestaltung des Erstlings stammt vom Zürcher Graphiker und Plakatkünstler Ralph Schraivogel.